Durch die 10 Fesseln zum Erwachen

Das Konzept der 10 Fesseln ist eine der Entdeckungen Buddhas. 

Buddha nannte sie Samyojana – ein Wort aus der altindischen Sprache Pali, was üblicherweise mit „Fessel“ übersetzt wird. Aufgeschrieben und nachzulesen im Palikanon. Im Palikanon werden die Kernaussagen der ursprünglichen Lehre des historischen Buddha anhand von Auszügen seiner Lehrreden aus den ältesten Überlieferungen erläutert.

Ich war keine besonders belesene Buddhistin. Und im Buddhistischen Zentrum, wo ich zum Meditieren hin ging, habe ich von diesen 10 Fesseln nie etwas mitbekommen. Wir müssen also keine Buddhisten sein, um an den 10 Fesseln zu arbeiten. Und danach sind wir sowieso nicht mehr.

Ich möchte auch nicht lange mit Theorie langweilen. Zum einen, weil ich davon keine Ahnung habe. Zum anderen, weil es hier nicht um Theorie geht.

Der Weg durch die 10 Daseinsfesseln ist ein praktischer Weg. Und praktisch heißt hier: tätig.

Wenn du dich für Theorie interessiert, dann schaue mal bei Erleuchtung-Erleben rein.

Wir können Fessel auch Illusion, Täuschung, Anschauung, Annahme, Glaube, … nennen. Es ist etwas, von dem wir annehmen, das es ist, das es wahr ist, das es existiert.

„Wir gehen einfach davon aus, dass wir so wären, wie wir denken, dass wir sind, und dass die Realität so wäre, wie wir meinen, dass sie ist, und machen uns von dort aus auf den Weg. Wir akzeptieren diese Tatsachen als feststehend und gewiss und bewegen uns von diesem Punkt aus weiter. Damit ist der grundlegende Fehler, aus dem sich alle übrigen ableiten, bereits begangen und dagegen gefeit, entdeckt und berichtigt zu werden.“ 

Jed McKenna

Und so ist das Durchschauen der Fesseln, der Täuschung, der Illusion eine einzige Ent-täuschung. Eine Ernüchterung, wie es im Palikanon steht.

Die 10 Fesseln

Die erste Fessel ist die Ich-Illusion. Die Annahme, dass Körper, Geist und Bewusstsein das Selbst (Ich) sind. Es ist die Annahme, dass es uns gibt. Dass wir unabhängig von allem anderen existieren. Dass wir Personen sind, die ein Leben haben, das wir lenken, worüber wir die Bestimmer sind. Personen, die denken, entscheiden und handeln. Die etwas kontrollieren und selbst in der Hand haben.

Die zweite Fessel ist die Zweifelsucht: Die Annahme wir hätten die Fähigkeit die Wahrheit zu bezweifeln.

Die dritte Fessel ist das Hängen an Regeln und Riten. Der Glaube daran, wir könnten durch Gebete oder Rituale erlöst werden vom Leiden.

Die vierte und fünfte der 10 Fesseln sind die Annahmen wir hätten die Kontrolle darüber, wie die Dinge laufen.

Die sechste Fessel ist das Begehren nach Form. Begehren nach Form ist die Annahme, dass wir etwas außerhalb von uns wahrnehmen. Wir glauben, dass wir alles aus unserer subjektiven Perspektive erleben. Dass wir getrennt sind von allem anderen. Dass es eine Grenze gibt, zwischen unserem Körper und der Umgebung. Getrennt sind von dem, was wir hören, was wir sehen, was wir fühlen, von unseren Gedanken.

Die siebte Fessel ist das Begehren nach Formfreiheit: Begehren nach Formfreiheit ist die Annahme, wir hätten die Fähigkeit zur Wahrnehmung. Wir glauben, dass Wahrnehmung unsere grundlegende Fähigkeit ist und es eine Welt außerhalb von uns gibt, die sich in unserer Wahrnehmung spiegelt. Dies ist das Ende der Welt, wie du sie kennst.

Die achte Fessel ist das Empfinden von Sein: Die Annahme, dass Ich bin. Wir glauben, dass das Gefühl von Ich bin wahr ist und dass Sein unsere grundlegende Natur ist. Dies ist das Ende aller Identifikation.

Die neunte Fessel ist die Unruhe. Die Suche nach etwas Dauerhaftem und die Annahme es gäbe so etwas. 

Die zehnte Fessel ist das Nicht-Wissen. Wir wollen die Wahrheit nicht wissen.

Die 10 Fesseln lösen

Die Theorie über die 10 Fesseln zu lesen und zu versuchen sie zu verstehen hilft nicht sie zu lösen. Es geht darum sie wortwörtlich zu durchSCHAUEN.

Um das zu erreichen, benutzen wir lediglich die 5 Sinne: Sehen, Hören, Tasten, Riechen, Schmecken. 

Nichts weiter ist notwendig. Es geht dabei darum herauszufinden, was real ist (also mit den 5 Sinnen zu erleben) und was nur ausgedacht/illusionär/dazugedacht ist. 

Weil wir es so sehr gewohnt sind über Fragestellungen und Antworten nachzudenken, ist die größte Schwierigkeit nicht nachzudenken.

Die Arbeit mit den 5 Sinnen wird Direct Experience genannt. Wenn man damit noch nicht vertraut ist, gibt es hier einen Artikel darüber.

Diese Methode entspringt der kürzesten Anleitung, die der Buddha einem Sucher, dem Mönch Bahiya, gegeben hat.

Bahiya, das wirst du erkennen:
Im Gesehenen wird es einfach das Gesehene geben
Im Gehörten wird es nur das Gehörte geben
Im Gedachten wird es einfach das Gedachte geben
Im Erkannten wird einfach das Erkannte sein;
Bei all dem wirst Du nicht gesehen, gehört, gedacht oder erkannt.
Wenn Du nicht gesehen, gehört, gedacht oder erkannt wirst, bist Du nicht da.
Wenn Du nicht da bist, gibt es Dich nicht, dort oder anderswo.
Dies ist das Ende des Leidens.

Buddha

Nach dem Lösen aller 10 Fesseln ist Erwachen da. Ja, ein missverständliches Wort vielleicht.

Es ist auch eher so: Es fühlt sich an wie ausgepackt. Erleichtert. Alles ist abgefallen. Alles überflüssige. Alles schwere. Alles verdeckende.

Und ganz normal fühlt es sich auch an. Als wäre die Arbeit getan.

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