Die vierte und fünfte der 10 Fesseln sind die Annahmen wir hätten die Kontrolle darüber, wie die Dinge laufen.
Wunsch und Widerwillen sind die tiefgreifendsten Fesseln. Es sind die Annahmen wir hätten den Hang nach angenehmen Empfindungen und den Hang, alle unangenehmen Empfindungen vermeiden zu wollen.
Man nennt die Fesseln auch Anhaftung und Abneigung. Auf Englisch nennt man sie Desire and Ill Will oder Desire and Aversion.
Buddha nannte die 4. Fessel kama-raga – sinnliches Begehren.
Buddha nannte die 5. Fessel vyapada – Böswilligkeit.
Oder auch Kamasava – Sinnentrieb.
Aufgrund des Nicht-Wissens der 10. Fessel werden wir beunruhigt. Durch die Unruhe der 9. Fessel entsteht Willensregung und der Durst nach Dasein und sinnlichem Erleben.
So geraten wir in den Einfluss der Triebe (Daseinstrieb und Sinnentrieb).
Mehr zu Buddhas Lehre auf der Seite Erleuchtung erleben von Alfred Dutz.
Wunsch und Widerwillen
Solange wir körperliche Wesen sind, werden wir Empfindungen haben, die wir über unsere Sinnesorgane erfahren: Sehen, hören, tasten, riechen, schmecken.
Und solange Wunsch und Widerwillen aktiv sind, werden wir auf das, was ist reagieren: Aber ich will…
Was wir erfahren, sehen oder hören, soll auf eine bestimmte Weise sein. Alles soll unseren Vorstellungen entsprechen.
Und so reagieren wir auf das, was ist: Wir sind gereizt, werden wütend, haben Sehnsucht und so weiter. Wir wünschen das eine. Und lehnen das andere ab.
Deshalb zerren wir an dem, was ist. An allem, was geschieht. An allem, was wir empfinden oder denken.
Was wir uns wünschen und was wir ablehnen definiert unser Selbst. So können wir sagen:
| Das bin Ich | Das bin ich nicht |
Die vierte und fünfte Fessel
Wenn die Ich Illusion durchschaut und das Selbst aus dem Weg geräumt ist, werden Wunsch und Widerwillen offensichtlich.
Diese beiden Fesseln sind so stark und tiefgreifend, dass sie nicht mit dem Selbst verschwinden. Sie werden jetzt erst deutlich sichtbar. Sie sind wahrscheinlich die stärksten aller Fesseln. So dass wir sie zuerst schwächen müssen, bevor sie fallen.
Der Kampf gegen die Wirklichkeit
Wir wollen uns nicht fühlen, wie wir uns fühlen.
Wir fühlen uns nicht so, wie wir könnten oder sollten.
Wir glauben, dass wir die Kontrolle über unsere Empfindungen hätten. Dass wir sie ändern könnten. Dass wir irgendetwas tun könnten.
Wir spüren Widerstand: Widerstand gegen das, was ist.
Der Kampf gegen die Wirklichkeit beginnt.
Wir beginnen an allem und jedem zu ziehen und zu zerren, weil wir glauben, es wäre nötig und unvermeidlich. Wir leiden, weil wir uns wünschen die Dinge wären anders als sie sind und glauben, wir könnten irgendetwas ändern.
Die Wirklichkeit ist sich selbst treu. Sie ist verlässlich immer die Wirklichkeit. Widersetze dich ihr und es wird weh tun. Immer wieder.
Adyashanti
Während das Selbst oder die Ich Illusion etwas sind, was wir sind – oder eben nicht sind – geht es bei Wunsch und Widerwillen um etwas, was wir glauben zu haben.
Es ist etwas, was sich wie ein Trigger anfühlt. Ein Mechanismus. Ein Knopf, der gedrückt wird. Etwas, das etwas in uns in Gang setzt.
Was uns denken lässt: Aber ich will…
So sind wir gereizt, werden wütend, haben Sehnsucht, und so weiter.
So wie wir in der ersten Fessel nach dem Ich gesucht haben, suchen wir jetzt diesen Knopf. Wir suchen nach dem Grund, aus dem wir reagieren. Und wie bei der Suche nach dem Selbst, werden wir nichts finden!
Wir müssen uns dazu in eine Lage bringen, aus der wir suchen können. Und sobald klar ist, dass wir nichts finden werden -egal wir lange wir suchen – werden die Fesseln Wunsch und Widerwillen schwächer und schwächer und irgendwann gebrochen.
Wunsch und Widerwillen schwächen
Ja, sie werden zuerst geschwächt. Während alle anderen Fesseln in einem deutlichen Shift fallen.
Wir bemerken diese Schwächung gut. Reaktionen tauchen weiterhin auf, aber mit Verzögerung und sie verlieren ihre Intensität. Bis sie irgendwann gar nicht mehr auftauchen.
Es ist spannend zu beobachten, wie die Lücke zwischen der Situation und der Reaktion immer größer wird. Wir erkennen, dass es noch andere Möglichkeiten gibt.
Am Anfang ist das vielleicht verwirrend. Denn dass die Reaktion mit Verzögerung einsetzt könnte bedeuten, dass wir doch in Kontrolle sind und die Reaktion wählen.
Wunsch und Widerwillen brechen
Wir bemerken sofort, wenn Wunsch und Widerwillen weggefallen sind. Es tauchen dann einfach keine Reaktionen mehr auf.
Wir werden je nach Situation immer noch tatkräftig engagiert sein. Aber innerlich gelassen und ruhig beobachten wir eher „Jemanden“, der agiert.
Leiden verschwindet weitgehend
Mit dem Verschwinden von Wunsch und Widerwillen verschwindet das Leiden weitgehend. Der Kampf gegen die Wirklichkeit ist vorbei. Die Front fällt in sich zusammen. Ruhe, Frieden und Gelassenheit breiten sich von da an immer weiter aus.
So fühlen wir uns plötzlich nicht mehr getrennt vom Leben. Der ganze emotionale Ballast, den wir solange als Waffe geführt haben, hat sich aufgelöst.
Es hat sich nichts geändert. Vorlieben und Abneigungen sind nach wie vor vorhanden. Es ist uns keinesfalls alles egal.
Freiheit
Das Leben und alles, was um uns herum geschieht, wird unmittelbarer. Wir müssen nichts mehr haben, kontrollieren oder verteidigen, nichts mehr aufrechterhalten, nicht mehr streiten. Wir können uns vorbehaltlos engagieren, für alles, was uns wichtig war und weiterhin sein wird.
Der Perspektivwechsel in Wunsch und Widerwillen ist wahrscheinlich der tiefgreifendste. Er bringt eine unfassbare Freiheit!
Buddha erklärte, dass es 10 Annahmen oder 10 Fesseln gibt, die dem Erwachen im Weg stehen. Wenn du wissen möchtest, welche das sind, lies hier weiter: Durch die 10 Fesseln zum Erwachen.